Der Biberacher Hospital im Wandel der Jahrhunderte.
Die Geschichte des Biberacher Hospitals zum Heiligen Geist reicht vermutlich bis ins Jahr 1239 zurück, während der erste urkundliche Nachweis aus dem Jahr 1258 stammt. Somit ist der Hospital nur wenig jünger als die Stadt Biberach, die Ende des 12. Jahrhunderts die Stadtrechte erhielt. Die Gründung wurde maßgeblich von den Rittern Ulrich und Halwig von Essendorf, dem Biberacher Patrizier Bertold Hupmann d.Ä. sowie den Truchsessen Otto Berchtold von Waldburg und Walter von Warthausen vorangetrieben.
Wie viele Spitäler jener Zeit diente der Hospital primär der sozialen Absicherung hilfsbedürftiger Menschen, die aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen im frühen 13. Jahrhundert nicht mehr auf die traditionelle Unterstützung durch ihre Familie zählen konnten. Es bot Bedürftigen Unterkunft, Kleidung und Verpflegung, versorgte Kranke, Menschen mit geistiger Behinderung sowie Waisenkinder und stellte zugleich eine Anlaufstelle für Pilger und reisendes Volk dar. Die Aufnahme erfolgte zunächst „um Gottes Willen“, also kostenfrei und unabhängig von der Herkunft der Hilfesuchenden. Die Finanzierung stützte sich auf adelige Stiftungen und private Spenden, die von der Kirche als Ablass anerkannt wurden.
Verwaltungstechnisch war der Hospital eine selbstständige Einrichtung, gegründet von einer Laienbruderschaft und unter dem Schutz der Stadt sowie der Waldburger stehend. 1287 gewährte Papst Honorius IV dem Biberacher Spitalmeister sowie den Spitalbrüdern seinen Schutz.
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts kam es zu bedeutenden Veränderungen: Die Auffassung, dass Wohlfahrtspflege eine städtische Aufgabe sei, setzte sich zunehmend durch. So begann 1319 die planmäßige Umsiedlung des Hospitals von seinem ursprünglichen Standort nahe der heutigen Heilig-Geist-Kirche in die Stadtmauern. 1321 wurde die Spitalbruderschaft letztmals urkundlich erwähnt.
Neben dem Wunsch nach mehr Einfluss hatte die Stadt auch wirtschaftliche Interessen: Durch großflächige Landkäufe bis an den Bodensee sowie die Aufnahme von Pfründnern ab 1321 entwickelte sich der Hospital im 14. und 15. Jahrhundert zur bedeutendsten wirtschaftlichen Institution Biberachs. 1420 erkannte der Papst die städtische Verwaltung des Hospitals an, welches dennoch rechtlich eigenständig blieb und dessen Vermögen separat vom Stadthaushalt geführt wurde. Dies führte dazu, dass der Hospital zunehmend Aufgaben für die Stadt übernahm und seine Leistungen verstärkt auf Biberacher Bürger beschränkt wurden.
Nach dem Stadtbrand von 1516 wurde der Hospital komplett in die Stadt verlegt. Mitte des 16. Jahrhunderts beherbergte er 178 Kranke und Pflegebedürftige, 179 Spitalkinder sowie etwa 15 Menschen mit geistiger Behinderung. Zusätzlich unterstützte er zahlreiche Bedürftige, gewährte Leibrenten und half bei Missernten durch kostenlose Getreideausgabe.
Ab 1540 setzte ein wirtschaftlicher Niedergang ein, der durch die finanzielle Ausbeutung durch die Stadt bis etwa 1800 anhielt. Im 17. Jahrhundert verschärften konfessionelle Spannungen die Situation: Nach dem Westfälischen Frieden wurde der Hospital ab 1649 paritätisch verwaltet, doch Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten blieben bestehen. Sozialleistungen wurden zum Streitpunkt, und Beihilfebezieher mussten zur Abschreckung ein Erkennungszeichen an ihrer Kleidung tragen.
Erst Anfang des 19. Jahrhunderts begann die wirtschaftliche Konsolidierung des Hospitals. Nach der Besetzung durch Baden 1802 entzog die Regierung dem Rat die Oberherrschaft über die Einrichtung und führte tiefgreifende Reformen durch: Sozialleistungen wurden reduziert, die Anzahl der Spitalinsassen begrenzt und die Aufnahme von Waisenkindern eingestellt. 1806 wurde der Hospital württembergisch. Ab 1819 übernahm ein neu gegründeter Stiftungsrat die Leitung. In den folgenden Jahrzehnten konnten dank finanzieller Stabilität zahlreiche gemeinnützige Projekte verwirklicht werden, etwa die Einrichtung einer Suppenküche im Winter (1843), die Unterstützung des Schulbaus (1846/47) sowie die Förderung eines Gaswerks (1863) und einer Bad- und Waschanstalt (1866–68).
Ab 1874 geriet der Hospital erneut in Schwierigkeiten, da ihm die Stadt zunehmend schulische und kirchliche Aufgaben übertrug. 1888 begannen langwierige Verhandlungen über eine Neuordnung des Spitalvermögens, die erst 1913 abgeschlossen wurden. Als Ergebnis blieb der Hospital eine eigenständige Stiftung, während sein Vermögen nun vom Gemeinderat verwaltet wurde.
Mit einer neuen Satzung wurde 1978 der Hospitalrat unter Vorsitz des Hospitalverwalters eingesetzt, der als Hauptaufgabe die Betreuung und Pflege hilfsbedürftiger Menschen festlegte. Damit bekennt sich der Hospital ausdrücklich zum ursprünglichen Ziel seiner Gründung im Jahr 1239.